(enthält unbeauftragte, unbezahlte Werbung) Heute möchte ich dich auf eine Entdeckungsreise mitnehmen. Ich wage mich zum ersten Mal an Eitemperafarben heran! So lange habe ich das schon vor – und jetzt wird´s einfach mal gemacht.
Was ist Eitemperafarbe überhaupt?
Eitemperafarbe ist eine dünnflüssige bis pastose Farbe aus diesen Zutaten:
- Farbpigment
- verschlagenes rohes Ei
- Leinöl oder Leinölfirnis
- Wasser
- (evtl. Kreide als Füllmittel)
Warum gerade Eitempera?
Das, was eine Farbe farbig macht, sind die Pigmente – bunte Pülverchen aus ganz unterschiedlichen Ausgangsmaterialien. Aber mit Pulver allein lässt sich wenig anfangen – deshalb wird eine Trägerflüssigkeit benötigt, in der das Pulver eingerührt und so auf den Malgrund aufgetragen werden kann. Wir schauen uns hier mal verschiedene gängige Farben und ihre Trägerlösungen an:
- Bei Aquarellfarben ist einfach Wasser die Trägerflüssigkeit. Der Farbauftrag ist durchsichtig (lasierend), nicht deckend.
- Bei Gouachefarbe besteht die Trägersubstanz aus Wasser, einem Bindemittel (Gummi arabicum) und Kreide. Die Farbe ist pastöser und deckender als Aquarellfarbe, der Farbeindruck eher matt. Gouachefarbe kann nach dem Trocknen immer wieder mit Wasser angelöst werden.
- Bei Acrylfarbe wird dem Pigment Wasser und ein schnell aushärtender Kunststoff zugesetzt. Acrylfarbe ist stark deckend, kann aber bei Bedarf mit Wasser so verdünnt werden, dass lasierende Effekte entstehen. Der Farbeindruck ist leuchtend. Acrylfarbe trocknet rasch und ist nach dem Trocknen wasserfest, lichtecht und sehr haltbar.
- Klassische Ölfarben basieren – wie der Name schon sagt- auf Ölen. Die Farben leuchten sehr schön, sind sehr haltbar – aber leider nicht wasserlöslich. Deshalb können die Pinsel nicht mit Wasser gereinigt werden – es werden (nicht gerade gesunde) Lösungsmittel dafür benötigt. Die Trocknungszeit von Ölfarben ist je nach Dicke des Farbauftrags extrem lang.
Wenn man diese Auflistung betrachtet, wird sehr schnell klar, warum Acrylfarbe einen gewaltigen Siegeszug unter den deckenden Farben in der Kunstszene angetreten hat. Sie hat eigentlich alles, was man sich von einer guten Farbe wünscht und ist dabei unkompliziert in der Handhabung. Einen Eindruck von ihrer vielseitigen Verwendung bekommst du bei den nachfolgenden Bildern aus meiner Kreativwerkstatt (die Holzobjekte sind übrigens in Zusammenarbeit mit meinem Mann entstanden, seine Website findest du hier):
ABER: Schon ziemlich lange habe ich immer ein ungutes Gefühl, wenn ich mit Acrylfarben arbeite. Zum ersten fühlt es sich für mich einfach nicht gut an, mit „Plastik“ zu malen. Es widerstrebt mir! Ich liebe eigentlich natürliche Materialien: Holz, Papier, Baumwollstoff…und wenn ich mit diesen Materialien arbeite und dann „Plastik“ daraufstreiche, kommt mir das irgendwie falsch vor. Zum zweiten ist mir klar, dass ich mit jedem Pinsel, den ich bei meiner Arbeit mit Acrylfarbe auswasche, Mikroplastik in der Umwelt verteile – und Mikroplastik ist mittlerweile ein riesiges Umweltproblem. ( Hier habe ich dir einen Artikel zum Thema „Mikroplastik in der Kunst“ verlinkt.)
EITEMPERA könnte die Lösung darstellen – und ich habe es schon zu lange vor mir hergeschoben, diese Technik einmal auszuprobieren. Eitemperafarbe soll deckend, pastos, leuchtend und sehr haltbar sein – also müsste sie den Eigenschaften von Acrylfarbe wirklich sehr nah kommen! Aber ist das Arbeiten mit Eitempera nicht zu aufwändig? Dauert es nicht zu lange bis die Farbe trocknet? Ist das Arbeiten damit wirklich handhabbar? Dem allem möchte ich jetzt endlich auf den Grund gehen!
Eitemperafarben herstellen:
Du brauchst:
- ein Schraubglas
- ein Ei
- Leinöl oder Leinölfirnis (zu Leinölfirnis schreibe ich weiter unten noch Genaueres)
- Wasser
- Marmeladendeckel
- Teelöffel
- Pigmente (auch dazu weiter unten Genaueres)
- Pinsel
Und so geht es:
Das Ei wird aufgeschlagen und in das Schraubglas gegeben. Die Eierschalen legst du vorsichtig beiseite – du brauchst sie noch! Schließe das Schraubglas und verschüttle das Ei. Gib nun nacheinander Leinöl in beide Eierschalenhälften und gieße es in das Glas. Wieder verschütteln. Genauso machst du es mit dem Wasser. Fertig ist die Trägerlösung! Das ging sehr schnell und unkompliziert! (Das Ei dient übrigens als Bindemittel, damit Öl und Wasser sich mischen lassen.)
Auf umgedrehte Marmeladendeckel habe ich kleine Häufchen aus Pigmenten gegeben. Mit dem Teelöffel wird nun eine kleine Menge Eilösung dazugefügt. Trägerlösung und Pigment werden mit einem Pinsel miteinander vermengt. Das Mischungsverhältnis zwischen Pigment und Trägerlösung bestimmt darüber, wie pastos die Farbe wird. (Wenn man sehr dickflüssige Farbe haben möchte, kann man auch Kreide beifügen.)
Bei mir ging das Vermischen von Pigmentpulver und Trägerlösung problemlos – manche Pigmente scheinen die Eiflüssigkeit zwar erst irgendwie abzustoßen, aber mit dem Pinsel lässt sich beides dann gut miteinander vermengen.
Stelle die Trägerlösung in den Kühlschrank, wenn du sie gerade nicht brauchst. Arbeite immer mit einem sauberen Teelöffel – dann hält sich die Flüssigkeit Tage bis sogar Wochen!
Meine Versuche mit der fertigen Eitemperafarbe:
Zunächst habe ich mit den unterschiedlichen Farben ein wenig auf der Leinwand herumgepinselt und getupft. Das ist ziemlich ähnlich wie mit Acrylfarben! Die ersten Farben waren noch etwas dünnflüssig – ich hatte zu viel „Eisoße“ dazugegeben.
Dann war ich wirklich gespannt, ob sich mit dieser sehr gelben Trägerlösung weiße Farbe herstellen lässt! Und ja, es hat geklappt – sie war sogar schön deckend! Vielleicht hat die Farbe einen winzigen Gelbstich – ich finde aber, das fällt kaum auf. (Ich hatte als Pigment Titandioxid.)
Okay, auf der Leinwand herumpinseln kann man ja nun mit fast jeder Farbe…aber kann ich mir mit dieser Methode auch ein Bild malen und das Ergebnis erzielen, das ich mir vorgestellt habe?
Ein Bild mit Eitemperafarbe malen
Nachdem ich mein Bild fast komplett weiß überpinselt hatte, blieb es eine Nacht liegen. Inzwischen hatte ich mir überlegt, was ich malen möchte: ein kleines Stückchen Waldboden mit einem schönen roten Fliegenpilz darauf. Dafür müsste der Hintergrund schön dunkel sein. Ich habe mir also schwarze und braune Farbe hergestellt.
Und jetzt kam die Überraschung: die Oberfläche schien komplett trocken zu sein, aber als ich die Farbe auftrug, stellte ich fest, dass sich immer noch Farbe von gestern löste! Mein Schwarz wurde also zu einem Grau und in einer Ecke erschien sogar noch etwas rosa! Nach Trocknen mit dem Föhn kam das Rosa noch deutlicher hervor.
Ich hatte bei meinen ersten Versuchen einen Bereich des Bildes mit Leinöl-Farbe bepinselt und in einem anderen Bereich Leinölfirnis-Farbe. Und das machte sich jetzt bemerkbar! Der Bereich mit Leinölfirnis war schon besser ausgehärtet und es löste sich kaum noch Pigment. Hier erkläre ich dir, was Leinölfirnis ist:
Exkurs: Leinölfirnis
Für Leinölfirnis wird dem Öl in einem Verkochungsprozess eine winzige Menge Mangan beigesetzt (weniger als 1%). Das beschleunigt den Aushärtungsprozess. Das Wasser in der Eitemperafarbe trocknet immer recht schnell weg und dann wirkt die Farbe so als wäre sie trocken. Jedoch ist das Öl dann noch lange nicht ausgehärtet! Das macht sich bemerkbar, wenn man eine weitere Farbschicht auftragen möchte: die darunterliegende Farbschicht löst sich wieder und mischt sich mit der aufgetragenen Farbe! Durch die Verwendung von Leinölfirnis härtet die Farbschicht schneller aus. Zusätzlich beschleunigt ein warmer Ort die Aushärtung. Leinnölfirnis riecht ein bisschen stärker als Leinöl, aber nicht wirklich unangenehm, finde ich.
Achtung!! Wenn du mit Leinölfirnis arbeitest, musst du wissen, dass Stoff oder Papier, das mit reiner Leinölfirnis getränkt ist, sich selbst entzünden kann! Das kann zum Beispiel beim Herstellen der Eitemperalösung passieren, wenn mal etwas tropft und man die Firnis mit einem Tuch oder Papier abwischt und dann das Tuch einfach liegen lässt. Die Leinölfirnis kann mit dem Luftsauerstoff reagieren und Papier oder Stoff kann sich dadurch entzünden. Um das zu vermeiden, gibt es eine einfach Lösung: lege dir für das Vorbereiten der Eitempera ein Stück Stoff oder Küchenkrepp bereit und wische damit eventuelle Öltropfen weg. Stecke das Tuch anschließend in ein leeres Schraubglas und verschließe es. Beim nächsten Mal kannst du es wieder verwenden. Es kann sich im Glas nicht entzünden.
Und hier noch kurz etwas zum Thema Pigmente:
Exkurs: Pigmente
Pigmente sind im Künstler- und Bastelbedarf überall erhältlich. Und nein, Pigmente sind nicht immer umweltfreundlich und gesund! Es gibt manche Farbtöne, die sich nur ganz schwer mit unbedenklichen Stoffen erreichen lassen. Das ist leider so. Eine vorbildliche Transparenz, was die Inhaltsstoffe der Produkte angeht, findest du übrigens bei der Farbmühle Kremer aus Süddeutschland – auch ein Top-Adresse für den Erwerb von Pigmenten.
Mein Eitempera-Bild wird fertiggestellt
Wieder wartete ich eine Nacht und stellte das Bild in die Nähe unseres Holzofens. Diesmal war die Farbe schön ausgehärtet. Ich verwendete als Trägerlösung von jetzt an auch immer Ei-Leinölfirnis-Wasser. Das Arbeiten mit den Pigmenten war für mich noch etwas gewöhnungsbedürftig. Ich habe auch nicht sehr viele verschiedene Pigment-Farben zur Verfügung und musste mir alles zurechtmischen. Das richtige Mischungsverhältnis zu treffen, braucht ein wenig Übung, ist aber durchaus machbar, finde ich. Hier erstelle ich gerade einen Braunton:
Jetzt trugen die Farben auch schön deckend auf dem Untergrund auf und nichts vermischte sich mehr. Lasierende Effekte – wie zum Beispiel der Schatten am Stiel des Pilzes – lassen sich problemlos mit einem höheren Wasserverhältnis erreichen (einfach die Farbe mit einem ganz nassen Pinsel aufnehmen). Ein richtig pastoser Farbauftrag – wie zum Beispiel bei den weißen Punkten auf der Pilzkappe- lässt sich mit viel Pigment und wenig Eilösung erzeugen.
Ich denke, ich werde in den nächsten Tagen noch ein wenig an dem Bild weiterarbeiten (es fehlt mir noch ein bisschen Licht und Schatten und ein paar Moosstrukturen) – aber für heute bin ich zufrieden mit dem Ergebnis. Ich möchte diese Farbschicht jetzt auch erst einmal aushärten lassen.
Fazit:
Ich finde, Eitempera ist wirklich eine gute Alternative zu Acrylfarbe! Gerade wenn ich Holzgegenstände aus der Werkstatt meines Mannes bemale, werde ich mit Sicherheit ab jetzt auf Eitempera zurückgreifen. Man braucht – besonders wenn man mehrere Farbschichten übereinander auftragen möchte- mehr Zeit, aber wie wäre es (analog zu Slow Food) eigentlich mit ein bisschen mehr Slow Art?
Liebe Dorothea, mit großem Interesse habe ich deinen Beitrag über Eitemperafarben gelesen. Das hast du so gut und anschaulich erklärt, vielen Dank dafür. Mein Interesse ist geweckt und ich werde es vielleicht auch einmal probieren. Weiterhin alles Gute und viel Erfolg. Mit ganz lieben Grüßen, Maria Krautheim 🙋👩🎨
Liebe Maria, Danke für deine Rückmeldung! Ich plane, mich demnächst auch noch mit Kaseinfarben zu beschäftigen. Mal gucken, ob daraus auch noch ein Blogartikel wird. Ich möchte auf Dauer gern wegkommen von Acryl…Liebe Grüße zurück!